Originalhandschrift von H. Ober

 

Sie finden auf dieser Unterseite, die meinem Freund und langjährigen musikalischem Begleiter Hermann Ober gewidmet ist:

  • Tranceinduktion durch Musik oder: Überlegungen zur spezifischen Verwendung von Musik im Gottesdienst der NAK (DS)
  • "Dirigenten und Chöre betreffend! " J.G. Bischoff 1912 (Auszug)
  • "Lieber trauriger Mitbruder! "  Bez.Ap Steinweg 1985
  • "Zur Lage der Musik" Bez.Ap Schröder 1993
  • "Auf ewig bei dem Herrn" (DS)
  • Einer, der sich durchgekämpft hat: Hermann Ober
  • (DS): Nachruf auf Hermann Ober: Meine Zeit in deinen Händen
  • "Auf Adlers Flügeln getragen" Textkritische Bemerkungen von H. Ober

Die alten, bösen Lieder

Die alten, bösen Lieder,
Die Träume bös und arg,
Die laßt uns jetzt begraben,
Holt einen großen Sarg.

Hinein leg' ich gar manches,
Doch sag' ich noch nicht, was;
Der Sarg muß sein noch größer,
Wie's Heidelberger Faß.

Wißt ihr, warum der Sarg wohl
So groß und schwer mag sein?
Ich senkt auch meine Liebe
Und meinen Schmerz hinein.


Heinrich Heine (1797-1856)

Hermann Ober 1981 in Aktion (Fotos mit freundlicher Genehmigung von Joachim H. Böttcher-Domschat)

Artikel

Tranceinduktion durch Musik(DS)

  Oder: Überlegungen zur spezifischen Verwendung von Musik im Gottesdienst der NAK (DS)  

J.G. Bischoff:  "Ein Lied was die Genehmigung des Apostels nicht hat ist nicht Apostolisch"


Kurzer Auszug aus meinem Artikel: In der Musiktherapie wird Musik seit langem verwendet, um Stimmungen und Gefühle hörbar, spürbar und erlebbar zu machen. Sie kann im Innersten positiv berühren, aufheitern, aber auch depressive Zustände hervorrufen. Gefühle werden therapeutisch gezielt aktiviert und im Gespräch aufgearbeitet. Damit werden psychische Prozesse in Gang gesetzt und Veränderungen zur Gesundung eingeleitet. Auch in der Entwicklung von Kindern haben Musik und Musizieren eine unbestritten und wesentlich fördernde Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung.

Musik kann gerade wegen ihrer Wirkungen eben auch gezielt manipulierend eingesetzt werden (Filmmusik, Werbung, Kaufhaus, Politpropaganda) und so das menschliche Verhalten auf vielfältige Weise beeinflussen. Ästhetische Kategorien, mit denen Kunstmusik betrachtet wird, sind hier bedeutungslos, ja kontraproduktiv, da die Musik rein funktional ist. Ihre Wirkung beim Hören zielt gerade nicht auf das aktive Bewusstsein, sondern entsteht unbewusst und unbemerkt über eine Einwirkung auf das Unterbewusstsein. Ihr Wert wird ausschließlich daran gemessen, ob sie die beabsichtigte Wirkung auch auslöst oder nicht.

Hier ist nicht zu verwechseln die unbestritten auch emotionale Wirkung von „Kunstmusik“ auf den Hörer. Aber im Unterschied zur funktionalen Musik, die auf etwas ausgerichtet ist und in der Folge etwas Spezifisches bewirken will und soll, bleibt der Genuss der Kunstmusik ohne verführende Absicht (es sei denn, sie wird auch in diesem Zusammenhang funktional benutzt !). So wird deutlich, dass die Verwendung von Musik im Gottesdienst der NAK, die diesen Zwecken auf Grund ihrer Form und Struktur nicht dient, als „artfremd“ und „zeitgeistliche Strömung“ abgelehnt werden musste. Musik also, die die Aktivität des Gehirns und damit des Bewusstseins fördert, erfüllt damit ebenso wenig die notwendige Funktion zur Vorbereitung der Suggestibilität des Hörers wie ein zum Nachdenken veranlassender Liedtext. Fallen hingegen die Wirkung der Musik und des Wortes zusammen, verstärkt sich der funktionale Effekt.

Der ganze Artikel

 

 

Verschiedene Originalschreiben zum Thema „Musik in der NAK“:

Harmonium-Harmoniumspieler-Dirigenten und Chöre betreffend!
Schreiben von Johann Gottfried Bischoff, Frankfurt am Main, August 1912
 

(...) Der Vorstehr hat dem Apostel auf dem Dienstwege zuerst den in Frage kommenden Dirigenten nahmhaft zu machen,dessen Verhältnisse genau zu schildern,ob er ledig,verheiratet,verwitwet,geschieden ist,ob seine Verhältnisse geordnet sind u.nicht etwa verschuldet ist,was sein Beruf ist u.ob er in der Gemeinde einen guten Ruf hat u.ein apostolisches Leben führt. Die [P]rü[fu]ng seiner Musikalischen Kenntnisse behalte ich mir vor,ob persönlich, oder durch einen von mir beauftragten Dirigenten. (...)  

(...) Er soll im Bewusstsein stehen, dass durch den Gesang Gott gelobt wird, aber es soll keine Kunst sein. Hier möchte ich auch sagen: Wenn ein Dirigent alle musikalischen Kenntnisse hat u. ein Meister der Tonkunst ist, hat er aber der Liebe nicht, dann hat es keinen Wert. Jedes Lied, was nicht in unserem Notenbuche steht mus bevor es gesungen wird in doppelter Ausfertigung mir eingereicht werden, denn ein Lied was die Genehmigung des Apostels nicht hat ist nicht Apostolisch.

Dies sendet mit herzlichem Gruss Euer J. G. Bischoff

 

Der traurige Mitbruder

 

ARNO   STEINWEG                                                      DEN  2.Juli  1985  

Lieber trauriger Mitbruder! 

Am 28. Juni erhielt ich Ihren Brief vom 25. Juni 1985, den ich an Ihren Chorleiter und Unterdiakon B.B. weitergeleitet habe.

Sie sind als Mitwirkender im Instrumentalchor traurig darüber, daß Bischof Türk die Anweisung gegeben hat, nur Lieder aus unserem Gesangbuch bzw. der Chormappe für Gästesingen zu verwenden. Was Sie traurig macht, erfreut mich, nämlich einen Bischof in Berlin zu haben, der tut, was ihm sein Apostel sagt. (...)

Wenn einmal spezielle Wünsche betreffs Liedauswahl im Herzen des einen oder anderen Spielers offenbar werden, dann kann man darüber mit dem Dirigenten sprechen, und der Dirigent, der ja letztlich der Vertraute des Apostels ist, wird immer bemüht bleiben - will er im Segen schaffen und die Einheit des Chores fördern - die Anordnungen seines Segensträgers freudig zu befolgen. Bedenken Sie bitte, daß das Werk Gottes keine Organisation ist, sondern ein Organismus, in dem das Leben Christi pulsiert. Der Sohn Gottes hat in einer schweren Stunde seinem Vater wohl seinen Wunsch und seine Bitte vorgetragen, wie er es gern gehabt hätte, aber er stellte seinen Wunsch und seine Gedanken unter den Willen seines Vaters: "Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!" Üben Sie sich bitte auch darin, damit aus Ihrem betrübten Apostel wieder ein freudiger und gern an die Berliner Spieler denkender werden kann.

Herzlichst Ihr (persönliche Unterschrift A. Steinweg)

 

Persönliche Anmerkung: Wir hatten damals mit dem neu übernommenen Orchester zuvor bei einem Übertragungsgottesdienst einige barocke Stücke und auch von K.M. Fruth eine kleine Partita "Mache dich mein Geist bereit" musiziert mit nachfolgenden Beschwerden aus Hannover "Wir dachten, wir hätten den RIAS (ein Radiosender aus Berlin) in der Leitung". Dieses "Lob" führte zum angeprochenen Verbot und als Reaktion darauf zu einem anonymen Schreiben eines Orchestermitgliedes. Der obige Antwortbrief wurde öffentlich in der Probe verlesen.

 

 

Auszüge aus einem  Rundschreiben zur Lage der Musik von BA Schröder, Berlin/ Brandenburg vom 31.8. 1993 (Hervorhebungen und Gliederung von D.S.)  

          Meine lieben Brüder und Schwestern,  

Grundlage jeglicher Chorarbeit ist die vom Verlag ... herausgegebene Mappe ... und die in meinem Auftrag herausgegebenen Ergänzungen aus dem alten Berliner Liedgut ...und alte Jugendmappe, deren Bearbeitung und Ergänzung laufend stattfinden soll.  

Das sogenannte Jugendliederbuch ist kaum jugendgemäß und kann für den vorgesehenen Zeck nur wenig eingesetzt werden....Eigene Bearbeitungen von befähigten Dirigenten können nur gesungen oder gespielt werden, wenn diese vom BA begutachtet ... wurden und die Eigentumsrechte der Kirche übertragen werden. 

Mir ist aufgefallen, dass einige Dirigenten einen besonderen Vortragsstil ... pflegen, ... man will die Spannung und Dynamik des Vortrages auffallend gestalten ... Sie vergessen dabei leider, dass es sich um ihre eigene persönliche Auffassung handelt ...Den Inhalt und Zweck des Liedes kann man sich aber nur denken - man empfindet ihn nicht. ....Das Schlimme an diesen ... ´Besonderheiten` der Dirigenten ist, man darf sie nicht darauf aufmerksam machen. Sie können nichts so schlecht vertragen wie eine Kritik ... Sind Dirigenten unfehlbar? Wer darf ihnen etwas sagen? Sicherlich nur L.v. Beethoven, und der lebt glücklicherweise nicht mehr.  

Der Schulchor ist nicht ein Singen von Spitzenchören, aber dennoch ein guter Vergleich und Maßstab dessen, was den Gotteskindern Freude bereitet. Daran sollte sich jeder Dirigent orientieren, auch wenn er meint, alles viel besser zu können. Es ist nämlich in Gottes Werk überhaupt nicht entscheidend was man kann, sondern was man tut!  

Die Lieder, mit denen Generationen von Gotteskindern glücklich wurden, deren Texte alle kannten und die man innerlich mitsang - und vor allen Dingen auch zu Hause singen konnte - werden snobistisch als Schnulzen ...und als musikalisch anspruchslos abgetan. Das sagt man nicht offen, man singt diese Lieder einfach nicht mehr. Umso mehr begibt man sich liebend gerne ins klassische Notenmaterial ...  

Was es früher überhaupt nicht gab: Es kommt Bewegung in den Chor! ... Der eine wirft den Kopf in den Nacken, der andere geht weich in die Knie, ein anderer federt nach und wieder eine andere Sängerin dreht sich leicht wiegend. ... Ihr müsstet euch und euren Chor mal selbst mit den Augen des normalen Gotteskindes sehen! Man schaut gebannt und gefesselt auf die ausfallenden Bewegungen, und --- der Inhalt geht am Herzen vorbei. ... Ich will hoffen, dass diese Äußerlichkeiten vorübergehend sind und nur dem Nachahmungstrieb entspringen.  

Vor vielen Jahren warnte ein STAP davor, die NAK Chorarbeit mit der weltlichen zu vergleichen. Weltliche Chöre und klassische Musik fallen in den Bereich der "Kunst": Und zur Kunst gehört die Kritik und diese gehört in diesem Sinne nicht ins Werk Gottes hinein.  

Leider muss ich wahrnehmen, dass unsere "großen" Dirigenten nicht auf einen Nenner kommen. ... Keiner will sich auch nur ein bisschen dem anderen brüderlich unterordnen, jeder hat am anderen etwas auszusetzen. Und dann erwartet man von mir, dass ich ... Regelungen treffe ... Bei einer solchen Haltung unter neuap. Dirigenten schließt sich eine Verwendung meinerseits aus. Es stimmt eben doch, was, wie oben angeführt, der Stap Schmidt sagte: "Kunst gebiert Kritik und die kann niemand vertragen." Nun möge niemand selbstgefällig feststellen, das gilt ja nicht mir ...: "Darf dir dein Vorsteher Wünsche äußern ...? Hat er und seine Gedanken bei der Programmgestaltung ...Priorität ?" Die Gottesknechte sind laut Jesu Wunsch zum Einssein verpflichtet (Joh 17). Das tun sie, indem sie sich der göttlichen Autorität unterordnen und auf ihre Apostel hören.
Ein letzter Hinweis: Ihr solltet freundlicher vor euren Sängern stehen ...
 

Ich möchte mich im voraus bedanken, dass ihr diese Hinweise als neuen Ansporn für eure wertvolle Arbeit beherzigt.  

In Liebe und Wertschätzung Euer 

Fritz Schröder (im Org. handschriftlich)  

 

Bis soweit ... diese Auszüge! Dazu kann man nur noch  aus der Chormappe ergänzen: 

 "Apostelwort, wie milder Tau erquickest du die Seele. Du führst auf grüne, frische Au und heilest alle Fehle."

Weitere persönliche Anmerkungen zu meinem eigenen musikalischen Leben in der NAK und späteren Aussteigen finden Sie im Artikel "Auf ewig bei dem Herrn".

 

 

 

 

Einer, der sich durchgekämpft hat: Hermann Ober

In meiner langjährigen Tätigkeit als Dirigent des Berliner Schallplattenchores, der dem Verlag Friedrich Bischoff  unterstand, hat sich eine tiefe Freundschaft mit Hermann Ober, dem damaligen Leiter der Musikalienabteilung des Verlages Friedrich Bischoff, herausgebildet. Er war innerhalb der NAK ein musikalischer Widerständler und hat offen und konstruktiv meine eigenen kompositorischen Bemühungen und besonders die geistlichen Kinderlieder unterstützt. Ihm soll hier mit seinem textkritischen Artikel Auf Adlersflügeln getragen nochmals freundlich gedacht  werden.

Hermann erzählte mir einmal, dass ihn oft Zuschriften mit Texten und/ oder auch Kompositionen erreichten, die mit dem Zusatz versehen waren, dies sei "vom Heiligen Geist eingegeben!" und müsse deswegen unbedingt veröffentlicht werden. Sein Kommentar dazu war, dass dies eingedenk der Qualität der Arbeiten fast eine Blasphemie, zumindest aber eine Frechheit sei, die Verantwortung für diese Machwerke dem Heiligen Geist zuzuschreiben. Außerdem beweise es, ironisch hinzugesetzt, die Richtigkeit des Wortes aus der Bibel, dass "das Dichten der Menschen von Grund auf böse ist"!

Auch die Bartfrage war für ihn keine Frage. In seinem Büro hing ein alter Druck über die erlaubten Barttrachten im 19. Jhd., und jeder hohe Kirchenbesucher musste bei einem Rundgang durch den Verlag daran vorüber. Als schließlich Apostel Bischoff mal den Schallplattenchor in Berlin besuchen wollte, sagte ihm Hermann, dass er dort dann aber nicht predigen dürfte. Auf Nachfrage, warum denn nicht, war seine Antwort, dass dort kein  kirchlicher Amtsträger einen Bart tragen dürfte.

Eine Replik auf die Verunglimpfung des Berliner Schallplattenchores als "Ober-Chor", der nicht der Aufsicht ud Kontrolle Berlins sonderm dem Verlag unterstand sagte er einmal, jede Übungsstunde des in Berlin sehr wichtig betrachteten großen Schulchores, den Hermann zugunsten eines Gemeindechores frecherweise als Schallplattenchor abgelehnt hatte, begönne immer mit drei Lügen am Anfang. Fragezeichen in der Runde, was das bedeuten solle??? Seine Antwort: Na ja, jede Gesangsstunde beginnt doch dort mit dem Sängergruß, und der heißt: Rein im Sange, treu im Wort, Lieb und Eintacht immerfort!

In dem weiter unten folgenden Artikel von Hermann wird deutlich, dass die angesprochene Problematik auch heute noch in Anbetracht der Qualität der Liedtexte in der Chormappe der NAK relevant ist. Gravierend sind aber auch besonders die theologisch völlig falschen Konstrukte, die lediglich die Anbindung der Hörer an die NAK zum Ziel haben:

  • Segensquelle= Apostel
  • Apostelamt= Quell der Gnade / der Kirche Licht
  • Jesu Nachfolge= Apostelnachfolge
  • Apostel als Wächter (CM 235)
  • Apostel = heil'ger Chor (Buch 255)
  • Heilung von den Sünden durch die Apostel (Buch 248)
  • Jesu Hand = Apostelhand (Buch 312)
  • Jesus redet / ruft heute durch Apostel (Buch 344)
  • Feuer des Geistes flammt für jeden im Apostelamt (Buch 85)
  • Menschen von Sünden und Tod erretten in der Apostel Wirksamkeit (Buch 67)

Natürlich konnte sich Hermann aber mit seiner kritischen  Argumentation nicht wirklich durchsetzen und blieb letztlich lange Jahre von vielen Amtsträgern völlig ungehört, ignoriert oder schlicht abgelehnt.

 

In Gedenken an Hermann Ober (1926- 2006)

Meine Zeit in deinen Händen - Eine persönliche Erinnerung von Detlef Streich vom 25.Mai 2006

Am vergangenen Montag, den 22.Mai 2006, ist Hermann Ober kurz vor der Vollendung seines 80. Geburtstages nach langjähriger, schwerer Krankheit in die Ewigkeit gegangen.

Mit ihm geht nicht nur ein für viele vorbildlicher und für alles offener Mensch, sondern auch ein wesentlicher Markstein neuapostolischer Kirchenmusikgeschichte.

Wollte man mit Daten, Zahlen und Fakten sein Leben beschreiben, würde der resultierende Umfang ein Buch ergeben. Und wer ihn kannte in seiner Herzlichkeit, seinem Humor, seiner Bescheidenheit und doch Beharrlichkeit in der Durchsetzung seiner Ideen, weiß zudem, dass eine besondere Hervorhebung seiner Person nicht in seiner Absicht gelegen hätte. Dennoch ist Vieles, was heute in der NAK musikalisch selbstverständlich erscheint, nicht zuletzt das Ergebnis seiner jahrzehntelangen, nicht nachlassenden Bemühungen, kirchenintern in allen Richtungen Verständnis zu wecken für die fachlichen Belange musikalischer Arbeit. Nicht nur seine auch heute oft noch gerne vorgetragenen Kompositionen, die gerade in ihrer ´unromantischen` Schlichtheit in den 60er Jahren einen starken Gegenpol (Frankfurter Mappe) zu anderen, spezifisch ´neuapostolischen Werken` bildeten und deswegen keinesfalls ohne Widerspruch blieben, sind zu nennen (stellvertretend möchte ich nur an ´Meine Seele ist stille zu Gott oder ´Und die bereit waren`` erinnern), sondern gerade auch sein Bemühen um eine weite Öffnung der chorischen Arbeit in Richtung gültiger Chorliteratur zeichnete ihn aus. Allein schon die Gründung des Berliner Schallplattenchores 1960 zeigte dabei in der Art, wie er sie durchführte, prägnant seine Persönlichkeit. Als Angebot wurde ihm von der damaligen Kirchenverwaltung unterbreitet, dass er doch auf den ´Berliner Schulchor` zurückgreifen könne. Dies lehnte er höflich, aber bestimmt ab und rekrutierte als Stammbesetzung zunächst einen Teil des Gemeindechores aus der Dunckerstraße in Prenzlauer Berg. Ein Affront! Im doppelten Wortsinn hieß dieser Chor von nun an im Berliner Sprachgebrauch missbilligend ´Ober-Chor`.

Ich selbst bin Hermann direkt nach dem Abitur 1975 als Leiter des Schallplattenchores erstmalig begegnet und war schlicht erstaunt, im Chorrepertoire vornehmlich Namen wie Bach, Händel, Brahms, Mendelssohn, K.M. Fruth (frühe und noch aufregende Werke) und andere mehr zu entdecken. Geprobt wurden gerade Chöre aus dem  Messias von Händel, ein Anlass für mich, dem Chor beizutreten (nach dreimaligem Probenbesuch als nur Zuhörer und mit späterer Aufnahmeprüfung!). Aufgabe und Ziel des Chores (und auch der anderen von ihm gegründeten Schallplattenchöre in Stuttgart, Saarbrücken und Heidenheim) war es, für den Verlag Friedrich Bischoff Aufnahmen zu machen, die als Interpretationsbeispiel hinsichtlich der stimmlichen und musikalischen Qualität dienen sollten. So kam Hermann Ober alle 14 Tage nach Berlin, um dort die Proben durchzuführen, übrigens einschließlich Stimmbildung, ein verdächtiges Novum für die damalige Zeit, sang man doch sonst überall mit der ´Seele` und brauchte solche Übungen nicht!!

Über die Jahre hinweg wurde er (auch noch nach der Probe meist für zwei Stunden in besonderen, von ihm ausgesuchten Lokalitäten) für viele, die ihn näher kennen lernen konnten, ein väterlicher Freund und Begleiter, verständnisvoll für alle Probleme in kirchenmusikalischen und anderen Fragen und mit einem stets offenen Ohr und Rat zur Gelassenheit, wenn der eigene jugendliche Sturm und Drang allzu stark wurde. (Als wir ihn z.B. nach dem Erscheinen der schwarzen Chormappe einmal leicht erregt fragten, warum er denn als Leiter der Musikalienabteilung diese Sammlung erstellt hätte, waren wir mehr als erstaunt, als er erklärte, dass er selber damit nichts zu tun gehabt hätte. Ein Bezirksapostel hätte sich die Lieder vorspielen lassen und dann entschieden, was genommen wird.)

Aber es soll hier nicht weiter von den Hürden gesprochen werden, die sich vor ihm aufbauten, oder den Steinen, die von vielen Seiten nach ihm geworfen wurden, sondern von der Beharrlichkeit, mit der er scheinbar unbeeindruckt seine eigene Arbeit stets weiter betrieb und dies mit einem trockenem Humor, der ihn trotz der Schwierigkeiten nie ganz verlassen hatte. Diese Wegsicherheit und Beharrlichkeit haben ihn zu einem Vorbild dafür werden lassen, nicht aufzugeben und nicht zu verzagen gegen scheinbar unüberwindliche Schwierigkeiten. In späteren Jahren wurde Hermann Ober schließlich Vorsitzender und Mitglied verschiedener maßgeblicher kirchenmusikalischer Arbeitsgruppen, in denen er auch noch nach seiner Pensionierung aktiv tätig war. Was bisher Bemühen im Kleinen war, konnte nun endlich auf breiterer Basis mit konkreten Ergebnissen an die Gemeinden weiter gereicht werden. Aber wie zu Beginn seiner Arbeit blieb es bis zum Schluss, die Meinungen über seine Person und Arbeit (leider konnten manche dazwischen nicht unterscheiden!) blieben geteilt. Hermann Ober hielt diesen Widerstand aus und blieb sich selbst treu und den Aufgaben, die er sich vorgenommen hatte. Es war wohl so, wie er es selber in einem eigenen Text ausdrückte:

 

Meine Zeit in deinen Händen

 

Meine Zeit in deinen Händen!

Herr, ich fühle sel´ges Glück,

wenn du segnend deine Hände

legst auf jeden Augenblick.

 

Meine Zeit in deinen Händen!

Ganz in deine Gnad gehüllt

Geh ich treulich deine Wege,

bis sich meine Zeit erfüllt.

 

Meine Zeit in deinen Händen!

Endlich komme ich zu dir,

darf im Schoße deiner Gnade

selig ruhen für und für.

 

(Hermann Ober, 3/77)

In meinem Herzen hat Hermann Ober als väterlicher Freund und Begleiter in Dankbarkeit einen immer bleibenden Platz. Und ihm selber sei gewünscht, im Rückblick auf ein erfülltes Leben jetzt das zu erleben, was er für sich als Hoffnung in der letzten Strophe ausgedrückt hat: im Schoße Seiner Gnade nun von seinen Werken auszuruhen und die kindlich und zuversichtlich geglaubte Geborgenheit und Ruhe in seinem Gott gefunden zu haben.

Nachruf mit Kommentaren verschiedener Autoren: Meine Zeit in deinen Händen

 

Auf Adlersflügeln getragen (Hermann Ober)

  Artikel in der Zeitschrift "Singet dem Herrn. Zeitschrift für die Chöre der Neuapostolischen Kirche", Nr.2, 1.März 1955. Hg.: Verlag Friedrich Bischoff, Frankfurt am Main 1955. S.11f.

Jesus sagte einmal:"Die Worte, die ich rede, die sind Geist und sind Leben" (Johannes 6,63). Er bezeugte weiter laut Johannes 14, 24: "Und das Wort, das ihr höret, ist nicht mein, sondern des Vaters, der mich gesandt hat." Niemand von den Kindern Gottes wird bestreiten wollen, daß das Wort des Herrn von einer vollkommenen Klarheit ist. Und wenn wir die ganze Bibel durchlesen, nie werden wir feststellen müssen, daß, der Herr sich in seinen Worten widerspricht. Was Gott vor Tausenden von Jahren verkünden ließ, fand seine wunderbaren Parallelen in den Worten Christi und der Apostel der Urkirche. Paulus schrieb an die Korinther: "Denn wir sind nicht, wie die vielen, die das Wort Gottes verfälschen; sondern als aus Lauterkeit und als aus Gott reden wir vor Gott in Christo" (2. Korinther 2, 17). Wie s i e verkündigen auch die Knechte des Herrn in unserer Zeit, der Endzeit, ein Wort, welches aus dem Geiste Christi kommt und deshalb klar und verständlich ist. Sie wachen darüber,daß auch die dienenden Brüder dem Volke Gottes ein unverfälschtes und klares Wort übermitteln.

Ich glaube nicht, daß jemand von uns dafür Verständnis aufbringen würde, wenn sich zum Beispiel in "Wächterstimme" und "Jugendfreund" widersprechende Beiträge fänden. Der Heilige Geist kann sich nicht widersprechen, ein Widerspruch kommt immer aus menschlichem Geist.

Um so bedauerlicher finden wir es, daß in unseren Gottesdiensten seit Jahren und immer noch Lieder gesungen werden, die, auch wenn sie nur eine Strophe umfassen, ein Widerspruch in sich selbst sind. Wir haben hier einmal das überall bekannte Lied "Auf Adlersflügeln getragen" gewählt, um zu zeigen, wie man hier einen Text bedenkenlos singt, der gar keine klare Linie aufweist und dessen einzelne Teile widersprechen. Hier nun der Text:

    Auf Adlersflügeln getragen
    über's brausende Meer der Zeit,
    getragen auf Adlersflügeln
    bis hinein in die Ewigkeit.
    Ueber Berge und Täler und Gründe,
    immer höher zur himmlischen Höh,
    denn die Flügel sind stark, die mich tragen,
    die Flügel, auf denen ich steh'!
    Und unter denselben Flügeln,
    wie wunderbar ruhe ich aus!
    Das ist meine Zufluchtsstätte,
    mein festes, sich'res Haus.
    Der Feind mag über mir kreisen,
    und zielen und spähn wie er will;

    die Flügel sind stark, die mich decken,
    und unter den Flügeln bleibt's still.
    Ja, unter den Flügeln geborgen
    und auf den Flügeln bewahrt,
    das gibt ein seeliges Ruhen,
    das gibt eine glückliche Fahrt;
    das gibt ein sicheres Wissen
    bei wechselnder Pilgerschaft:
    denn unter den Flügeln ist Frieden,
    und auf den Flügeln ist Kraft.

Sehen wir uns den Text genau an, so stellen wir fest, daß uns mit den Worten des Dichters zwei Bilder entworfen werden, einmal die tragenden und einmal die deckenden Flügel.

Es wird zunächst dargestellt, daß wir von den mächtigen Adlerschwingen bis hinein in die Ewigkeit getragen werden. Das ist gut und schön gesagt. Dann aber spricht der Dichter plötzlich davon, daß es sich unter den Flügeln wunderbar ausruhen läßt. Dieser Vergleich ist schlecht getroffen. Wenn wir an die schützenden Flügel denken, so sehen wir doch sofort die Henne mit ihren Küchlein vor uns! Wer sollte wohl der Feind sein, der über dem Adler kreisen und ihn bedrohen will?

Ist es nicht so, daß die Henne ihre Flügel ausbreitet, um die Küchlein vor dem Feind, dem Adler, zu schützen? Jesus sprach einmal davon, daß er die Kinder Israels habe versammeln wollen wie die Henne ihre Küchlein. Er wollte sie doch schützen, damit sie Ruhe finden sollten! Wenn wir nun auch einmal vom sachlichen und sprachlichen Standpunkt aus das Lied betrachten, so fallen uns noch viele Dinge auf, die zu bemängeln sind. Richtig müßte es nämlich heißen: "V o n Adlersflügeln getragen", und auf den Flügeln könnte man auch nicht stehen, weil ja der Adler mit ihnen schlägt, um sich fortzubewegen. Es ist auch nicht richtig, daß von einer glücklichen Fahrt und einer wechselnden Pilgerschaft gesprochen wird, denn ein Adler fliegt ja. Und der Adler hat nicht auf, sondern in den Flügeln seine Kraft. Es wäre müßig, auch noch über dichterische Mängel zu sprechen.

Mag das Wenige genügen, uns zu beweisen, daß der Text einer kritischen Betrachtung nicht standhalten kann.

Wir wollten an diesem Beispiel, das für viele ähnliche steht, einmal aufzeigen, daß es schon seinen Grund hat, wenn wir ein Lied ablehnen, und wir bitten unsere Dirigenten, helft uns mit, damit unseren Geschwistern nicht solche Lieder vorgesungen werden, die inhaltlich wenig Sinn und keine klare Linie aufzuweisen haben.
H.O.,M.

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